Eine gute Teamführung ist einer der wichtigsten Aspekte im Zusammenhang mit Projekten und Projektmanagement – unabhängig davon, ob man einen klassischen oder einen agilen Ansatz verfolgt. Aber welche Art von Führung passt am besten zu Deinem Projekt, Deinem Team und der Unternehmenskultur?
Klassische Teamführung: Der hierarchische Ansatz
In traditionellen, klassischen Projekten sind Projektmanager:innen oft die Personen, welche die Entscheidungen treffen und diese an das Team verkünden. Diese Art der Führung basiert auf klaren Hierarchien und Rollenverteilungen. Projektmanager:innen kontrollieren die Ressourcen, stellen den Zeitplan auf und verfolgen die Ziele. Das Team führt seine Aufgaben meist nach Anweisung aus, wobei die Kommunikation in der Regel vertikal verläuft, also von oben nach unten.
Die klassische Führung hat ihre Vorteile, insbesondere in Projekten, bei denen Planbarkeit und Kontrolle oberste Priorität haben. Nicht selten wird es von Teammitgliedern auch erwartet oder erhofft.
Ein Beispiel aus der Praxis: Angenommen, Du leitest ein Infrastrukturprojekt, wie den Bau einer neuen Fabrikhalle. Hier sind klare Strukturen, feste Pläne und genaue Vorgaben für die Ausführung der Arbeiten unverzichtbar. Das klassische Führungsmodell hilft Dir, den Überblick über das Projekt zu behalten, Risiken zu managen und sicherzustellen, dass das Team seinen Aufgabenbereich genau kennt.
Vorteile der klassischen Teamführung
- Klarheit und Kontrolle: Durch klare Hierarchien sind die Verantwortlichkeiten und Entscheidungsprozesse eindeutig definiert.
- Effizienz in stabilen Projekten: In gut strukturierten, langfristigen Projekten ist diese Führung oft effizienter, da sie wenig Raum für Unsicherheiten lässt.
- Risikomanagement: Der Fokus auf Kontrolle hilft, Risiken frühzeitig zu identifizieren und entsprechend gegenzusteuern.
Herausforderungen der klassischen Teamführung
- Begrenzte Flexibilität: Der hierarchische Ansatz ist oft starr, was in dynamischen Umgebungen ein Problem darstellen kann.
- Weniger Eigenverantwortung: Das Team hat oft wenig Autonomie, was zu einer geringeren Motivation und Kreativität führen kann.
Agile Teamführung: Servant Leadership
Das Konzept der so genannten “Servant Leadership” finden wir vor allem in agilen Umgebungen. Scrum Master oder agile Coaches sind keine “Chefs” im klassischen Sinne, sondern agieren als Unterstützer und im wahrsten Sinne des Begriffs als “Diener” des Teams. Sie beseitigen Hindernisse, die das Team in seiner Arbeit behindern könnten, und sie fördern eine Kultur der Selbstorganisation und Eigenverantwortung. Dabei gilt: Trotz allem enthält auch Servant Leadership als Führungsstil noch das Wort “Leadership” – es ist also nicht damit gemeint, dass man sich einfach ganz zurückzieht aus jeglicher Art von Führungsrolle, indem man alles dem Team überlässt. Vielmehr ist ständiges Fingerspitzengefühl gefragt bei der Entscheidung, in welcher Situation man als Servant Leader wie viel Kontrolle übernimmt oder loslässt.
Servant Leadership zeichnet sich also durch eine flache Hierarchie aus, bei der sich alles um das Team dreht. Die Führungsperson sorgt dafür, dass das Team die notwendigen Werkzeuge, Informationen und Ressourcen hat, um erfolgreich zu sein, greift aber nur nach Notwendigkeit in den eigentlichen Arbeitsprozess ein.
Ein Beispiel aus der Praxis: Stell Dir vor, Du arbeitest mit einem Scrum-Team in einem ein Softwareentwicklungsprojekt. Als Scrum Master – eine im Scrum Guide als Servant Leader gestaltete Rolle – bist Du dafür verantwortlich, dass das Team effektiv arbeiten kann, Hindernisse beseitigt werden und das Team die Möglichkeit hat, seine Arbeit selbst zu organisieren. Du förderst die Eigenverantwortung, unterstützt bei Problemen und ermöglichst es dem Team, in ihrem iterativen Vorgehen immer bessere Ergebnisse zu liefern. Du triffst aber auch immer dann Entscheidungen mit und für das Team, wenn die aktuelle Situation dies erfordert.
Vorteile von Servant Leadership
- Förderung von Selbstmanagement: Das Team übernimmt mehr Verantwortung und entwickelt Eigeninitiative, was die Motivation und Kreativität steigert.
- Flexibilität: Agiles Arbeiten und Servant Leadership ermöglichen es Teams, sich schnell an Veränderungen anzupassen.
- Teamförderung: Durch die Unterstützung des Teams wird die Zusammenarbeit verbessert und das Teamklima gestärkt.
Herausforderungen von Servant Leadership
- Mehr Verantwortung für das Team: Teams, die noch nicht an eine hohe Eigenverantwortung gewöhnt sind, benötigen Zeit, um sich an diese Arbeitsweise zu gewöhnen.
- Schwierigkeiten bei klaren Entscheidungen: In Situationen, in denen schnelle Entscheidungen erforderlich sind, kann der Servant Leadership-Ansatz manchmal viel Zeit in Anspruch nehmen.
Fazit: Klassische Teamführung oder Servant Leadership?
Die Entscheidung zwischen klassischer Teamführung und Servant Leadership hängt stark von der Art des Projekts, der Unternehmenskultur und den individuellen Teamanforderungen ab. Für stabile, gut strukturierte Projekte, bei denen Kontrolle und Risikomanagement entscheidend sind, kann der klassische Führungsansatz die beste Wahl sein. Auch bei großen Projekten mit vielen Beteiligten und Interessenvertretern ist mehr Kontrolle manchmal einfach vonnöten. Wenn Du jedoch in einem dynamischen Umfeld arbeitest, in dem eine hohe Lerngeschwindigkeit und somit Flexibilität und Eigenverantwortung im Vordergrund stehen sollten, bietet sich der Servant-Leadership-Ansatz vielleicht mehr an.
Letztlich liegt es an Dir als Projektleiter:in oder Teamverantwortliche:r, die richtige Methode für Deine spezifischen Bedürfnisse zu wählen – oder sogar beide Ansätze je nach Projektphase oder Situation und Kontext zu kombinieren.