Projektauftrag

Klassisch vs. Agil: Projektauftrag oder Produktvision?

Die effektivsten Methoden und Ansätze für die Umsetzung Deiner Projekte zu wählen, kann eine Herausforderung sein. Mit der Vielzahl von Techniken und Rahmenwerken, die zur Verfügung stehen, entscheidet die Wahl für einen klassischen oder agilen Ansatz oft Erfolg eines Projekts.

In dieser Blogreihe werden wir die grundlegenden Elemente beider Welten unter die Lupe nehmen, indem wir jeweils eine Methode aus dem klassischen Projektmanagement und ihr agiles Pendant gegenüberstellen.

Den Anfang macht der Vergleich zwischen dem klassischen Projektauftrag und der agilen Produktvision. Beide Konzepte dienen als Startpunkt und Leitfaden für Projekte, doch ihre Herangehensweisen und Schwerpunkte könnten unterschiedlicher nicht sein. 

Während der Projektauftrag in der traditionellen Projektlandschaft eine klare und detaillierte Roadmap bietet, steht die Produktvision im agilen Kontext für Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, ohne dabei das endgültige Ziel aus den Augen zu verlieren.

Der klassische Projektauftrag

Ein Projektauftrag ist ein formales Dokument, das die Grundlage für das gesamte Projekt legt. Er enthält die wesentlichen Informationen, die notwendig sind, um das Projekt zu starten und erfolgreich durchzuführen. Zu diesen Informationen gehören die Projektziele, der Umfang des Projekts, die definierten Verantwortlichkeiten sowie der Zeit- und Kostenrahmen. Der Projektauftrag dient nicht nur als Vertragsbasis zwischen Auftraggeber und -nehmer, sondern auch als Referenzpunkt für das Projektteam, um die Ausrichtung und Ziele des Projekts während seiner Laufzeit zu wahren.

Im klassischen Projektmanagement bildet der Projektauftrag das solide Fundament, auf dem alle weiteren Planungen und Entscheidungen aufbauen. Er gewährleistet, dass alle Beteiligten ein gemeinsames Verständnis über die Projektziele und -erwartungen haben und verhindert Missverständnisse, die später im Projektverlauf zu Konflikten führen könnten. Zudem ermöglicht er eine klare Abgrenzung des Projektumfangs und vermeidet so das Risiko einer stetigen Erweiterung von Projektzielen, bekannt unter dem Begriff „Scope Creep„.

Hier ist ein Beispiel, wie ein solcher Projektauftrag strukturiert sein könnte:


Projektauftrag für [Projektname]

1. Projektübersicht

  • Projektname: [Name des Projekts]
  • Projektmanager: [Name]
  • Startdatum: [Datum]
  • Enddatum: [Datum]
  • Projektziel: [Eine klare und präzise Beschreibung des Projektziels]

2. Projektziele und -erwartungen

  • Hauptziele: [Liste der Hauptziele, die das Projekt erreichen soll]
  • Projektergebnisse: [Spezifische Ergebnisse, die das Projekt liefern soll]

3. Umfang und Grenzen

  • Projektumfang: [Detaillierte Beschreibung des Umfangs, einschließlich dessen, was das Projekt beinhaltet]
  • Grenzen: [Klar definierte Grenzen des Projekts, was nicht Teil des Projekts ist]

4. Verantwortlichkeiten

  • Projektteam: [Liste der Teammitglieder und ihrer Rollen im Projekt]
  • Stakeholder: [Liste der Stakeholder, ihre Interessen und wie sie in das Projekt einbezogen werden]

5. Zeit- und Kostenrahmen

  • Zeitplan: [Hauptmeilensteine und Zeitrahmen für das Projekt]
  • Budget: [Detaillierte Kostenaufstellung und Budgetzuweisungen für Projektphasen]

6. Risikomanagement

  • Potenzielle Risiken: [Identifikation möglicher Risiken für das Projekt]
  • Risikominderungsstrategien: [Strategien und Maßnahmen zur Risikominimierung]

7. Genehmigung

  • Genehmigt durch: [Name der genehmigenden Person(en)]
  • Datum der Genehmigung: [Datum]

Anhänge

  • [Alle zusätzlichen Dokumente, Diagramme oder unterstützenden Informationen, die für das Verständnis des Projekts relevant sind]

Vorteile eines klassischen Projektauftrags:

  • Klare Vorgaben und Struktur: Ein Projektauftrag bietet eine klare Richtung und definierte Ziele, was zu einer effektiven Planung und Ausführung des Projekts beiträgt.
  • Festgelegte Verantwortlichkeiten: Durch die klare Zuweisung von Rollen und Verantwortlichkeiten innerhalb des Projektteams werden Missverständnisse minimiert und die Zusammenarbeit verbessert.
  • Budget- und Zeitmanagement: Mit festgelegten Zeit- und Kostenrahmen können Ressourcen effizient allokiert und das Projekt innerhalb des Budgets und Zeitplans gehalten werden.

Grenzen eines klassischen Projektauftrags:

  • Inflexibilität bei Veränderungen: Einmal genehmigt, kann es schwierig sein, den Projektauftrag an unvorhergesehene Veränderungen im Projektumfeld anzupassen, was zu Verzögerungen oder Kostenüberschreitungen führen kann.
  • Fokus auf Dokumentation: Der Schwerpunkt auf ausführlicher Dokumentation kann dazu führen, dass weniger Zeit für die tatsächliche Projektarbeit bleibt und die Flexibilität des Teams einschränkt.

Die agile Produktvision

Im Herzen des agilen Projektmanagements schlägt die Produktvision – eine klare, inspirierende und kurze Beschreibung des zu erreichenden Ziels aus der Perspektive des Endnutzers. Anders als der klassische Projektauftrag, der detaillierte Vorgaben und Strukturen vorgibt, fokussiert sich die Produktvision auf das „Warum“ hinter einem Projekt. Sie dient als Leitstern für das Entwicklungsteam, um sicherzustellen, dass alle Entscheidungen und Maßnahmen stets auf das Endziel ausgerichtet sind. Die Erstellung einer Produktvision ist ein kreativer Prozess, der oft die Zusammenarbeit zwischen Produktmanagern, Entwicklern und Stakeholdern umfasst. Sie beantwortet die essenziellen Fragen: Was wollen wir erreichen? Für wen tun wir das? Und warum ist es wichtig?

Beispiel einer Produktvision

Stellen wir uns vor, wir entwickeln eine mobile App zur Verbesserung der körperlichen Fitness für Menschen, die wenig Zeit haben. Die Produktvision könnte lauten: „Unsere App ermöglicht es viel beschäftigten Menschen, mit nur 10 Minuten Training pro Tag einen gesünderen und aktiveren Lebensstil zu führen.“ Diese Vision konzentriert sich auf das Endziel (einen gesünderen Lebensstil fördern) und den Nutzen für den Endanwender (Training für Menschen mit wenig Zeit), ohne sich in spezifischen Features oder Technologien zu verlieren.

Vorteile einer Produktvision

  • Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Die agile Produktvision ermöglicht es Teams, flexibel auf Veränderungen zu reagieren und Anpassungen vorzunehmen, ohne dabei das Endziel aus den Augen zu verlieren.
  • Motivation und Orientierung: Sie motiviert das Team, indem sie ein klares und inspirierendes Ziel setzt und dient als kontinuierliche Erinnerung an den Zweck ihrer Arbeit.
  • Förderung von Innovation: Die Vision ermutigt zu kreativem Denken und zur Entwicklung innovativer Lösungen, die den Kundenbedürfnissen entsprechen.

Nachteile einer Produktvision

  • Weniger detaillierte Vorgaben: Im Gegensatz zum Projektauftrag bietet die Produktvision weniger detaillierte Anweisungen, was zu Unsicherheiten in der Ausführung führen kann.
  • Bedarf an kontinuierlicher Abstimmung: Um sicherzustellen, dass alle Teammitglieder die Vision gleich verstehen und verfolgen, sind regelmäßige Abstimmungen und Klarstellungen notwendig.
  • Risiko der Zielverschiebung: Ohne sorgfältige Pflege und Kommunikation kann die Vision im Laufe der Zeit an Klarheit verlieren oder vom ursprünglichen Ziel abweichen.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Während der klassische Projektauftrag und die agile Produktvision auf den ersten Blick unterschiedlicher nicht sein könnten, teilen sie doch eine grundlegende Absicht: Sie bieten eine Richtung und ein Ziel für Projekte. Beide dienen als Fundament für die weitere Planung und Umsetzung, allerdings auf unterschiedliche Weise.

Sowohl der Projektauftrag als auch die Produktvision zielen darauf ab, ein Projekt mit einem klaren Endziel zu starten. Sie stellen sicher, dass alle Beteiligten wissen, wohin die Reise geht. In beiden Ansätzen ist die Einbeziehung der Stakeholder ein wichtiger Schritt, um die Ziele und Erwartungen klar zu definieren und abzugleichen.

Während der Projektauftrag Wert auf detaillierte Planung und klare Vorgaben legt (Struktur, Zeitrahmen, Ressourcen), betont die Produktvision Flexibilität und Anpassungsfähigkeit.

Im klassischen Projektmanagement werden spezifische Anforderungen und Grenzen vorgegeben. Im agilen Ansatz hingegen steht das „Warum“ im Vordergrund, und die „Wie“-Frage bleibt offen für kreative Lösungen des Teams.

Der Projektauftrag neigt zu umfangreicher Dokumentation, während die Produktvision oft in einem einzigen Satz oder Absatz zusammengefasst wird, der das Ziel und den Nutzen für den Endnutzer klar herausstellt.

Wann benutze ich welche Methode?

Die Wahl zwischen einem klassischen Projektauftrag und einer agilen Produktvision hängt stark von der Art des Projekts, der Teamdynamik und der Unternehmenskultur ab.

Ein klassischer Projektauftrag ist geeignet für:

  • Projekte mit klaren, unveränderlichen Zielen und Anforderungen.
  • Umgebungen, in denen Compliance, Sicherheit und Risikomanagement hohe Priorität haben.
  • Situationen, in denen der Auftraggeber oder die Stakeholder eine detaillierte Planung und Vorhersagbarkeit bevorzugen.

Die Agile Produktvision ist geeignet für:

  • Projekte in sich schnell verändernden Märkten, wo Flexibilität und schnelle Anpassung an neue Informationen entscheidend sind.
  • Teams, die selbstorganisiert arbeiten und kreative Lösungen entwickeln sollen.
  • Umgebungen, in denen das Endprodukt oder die genauen Anforderungen zu Beginn nicht vollständig bekannt sind.

In der Praxis finden sich oft hybride Ansätze, die Elemente aus beiden Welten kombinieren, um von der strukturierten Planung des klassischen Projektmanagements und der Flexibilität agiler Methoden zu profitieren. Die Entscheidung sollte letztlich auf einer gründlichen Bewertung der spezifischen Projektanforderungen, der Teamstruktur und der Risikotoleranz basieren.

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