In der Projektplanung lassen sich zwei Methoden gegenüberstellen: die klassische Methode der Meilensteinplanung im Projekt und die agile Releaseplanung mit User Story Mapping, die oft in der (Software-)Produktentwicklung eingesetzt wird. Beide Ansätze verfolgen das Ziel, Projekte erfolgreich zu strukturieren und durchzuführen, unterscheiden sich jedoch in ihrer Herangehensweise und Flexibilität.
In diesem Artikel vergleichen wir beide Methoden und ihre Vorteile und Nachteile.
Meilensteinplanung
Bei der Meilensteinplanung handelt es sich um eine Methode im Projektmanagement, die sich auf das Festlegen von klar definierten Ereignissen konzentriert, welche als „Meilensteine“ bezeichnet werden. Sie sind spezifische, überprüfbare Zwischenziele innerhalb eines Projekts, die innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens erreicht werden sollen. Jeder Meilenstein markiert den Abschluss eines Zeitabschnitts (oft auch Phase genannt) und ermöglicht es Projektmanager:innen, den Fortschritt zu überwachen und sicherzustellen, dass das Projekt auf Kurs bleibt.
Wird ein Meilenstein zu spät erreicht, kann dies das gesamte Timing des Projekts gefährden. Sie ermöglichen in ihrer Gesamtheit also einen Überblick über die Terminsituation des gesamten Projekts – eine Betrachtungsebene, die insbesondere auch Auftraggeber oder Lenkungsgremien deshalb nicht selten besonders interessiert. Manchmal wird zur Visualisierung des Fortschritts auf die Projektmeilensteine hin auch eine sogenannte Meilenstein-Trendanalyse eingesetzt.
Gleichzeitig kennzeichnen Meilensteine aber somit auch Etappen im Projekt, deren Erreichung gebührend gewürdigt werden sollte. Vor allem bei langen Projekten ist die Feier eines Meilensteins ein wichtiger Motivationsfaktor für das Team.
Typische Meilensteine sind neben Projektstart und Projektende beispielsweise die Veröffentlichung einer Pilotversion oder der Launch einer Softwareversion.
Idealerweise wird der Meilensteinplan im Team gemeinsam erstellt. Voraussetzung ist, dass wichtige Eckdaten wie Projektziel, Start- und Endtermin definiert sind. Idealerweise liegt zu diesem Zeitpunkt bereits der Projektauftrag vor. Basis für die Meilensteinplanung ist außerdem die vorgegebene Projektstruktur, die im klassischen Projektmanagement etwa in einem Projektstrukturplan wiedergegeben ist.
Wie viele Meilensteine ein Projekt hat, ist für jedes Projekt individuell verschieden. Es sollten so viele sein, dass sie das Projekt zeitlich gut aufteilen, aber auch nicht zu viele, so dass man den Überblick nicht verliert.
Vorteile der Meilensteinplanung:
- Klare Struktur und Orientierung: Die Meilensteinplanung bietet eine klare Struktur und hilft dabei, den Fortschritt des Projekts zu überwachen.
- Zeitliche Kontrolle: Durch die festgelegten Deadlines kann der Fortschritt des Projekts effizient kontrolliert und verwaltet werden.
- Risikomanagement: Frühzeitige Erkennung von Problemen und Abweichungen ermöglicht es, Maßnahmen zur Risikominimierung zu ergreifen.
Nachteile der Meilensteinplanung:
- Unflexibilität: Die Methode ist oft starr und bietet wenig Raum für Anpassungen, wenn sich die Projektanforderungen ändern.
- Schwerfälligkeit bei Änderungen: Anpassungen an neue Anforderungen oder Umstände sind in der Regel schwierig und zeitaufwändig.
- Fokus auf Deadlines statt auf Wertschöpfung: Die Betonung auf Deadlines kann dazu führen, dass weniger auf den tatsächlichen Wert des Endprodukts geachtet wird.
Releaseplanung mit User Story Mapping
Die oft von agilen Teams angewendete Releaseplanung mit User Story Mapping zielt darauf ab, die Entwicklung eines Produkts oder einer Software in Iterationen (kurzen Zeiteinheiten) zu organisieren. User Story Mapping hilft Teams, die Funktionen des Produkts zu visualisieren, indem es die Nutzererfahrungen in Form von „User Storys “ abbildet. Diese Storys werden nach ihrer Priorität und dem Mehrwert, den sie bieten, geordnet und helfen dabei, den Entwicklungsprozess auf die Bedürfnisse der Nutzer auszurichten.
Die User Tasks werden horizontal so angeordnet, dass sie eine Geschichte (Story) ergeben. Dann werden sie nach Aktivitäten geordnet. Unterhalb der User Task geht es dann um die Details und einzelne Aufgaben werden definiert.
Die Story Maps sollten in Workshops zusammen mit relevanten Stakeholdern und Teammitgliedern erstellt werden.
User Story Mapping Schritt für Schritt
User Story Mapping bietet eine visuelle Methode, um die Entwicklung eines Produkts anhand der Nutzerbedürfnisse zu strukturieren und Prioritäten zu setzen. Der Prozess kann in fünf wesentliche Schritte unterteilt werden:
1. Aktivitäten aus Nutzersicht bestimmen
Der erste Schritt besteht darin, die Aktivitäten eines Nutzers zu identifizieren, die er ausführt, um das Produkt oder die Software zu verwenden. Diese Aktivitäten bilden den sogenannten Backbone der Story Map. Ein Beispiel wäre: „Sich einloggen“, „Kurse durchsuchen“ und „Aufgaben bearbeiten“ bei einer E-Learning-Plattform. Jede dieser Aktivitäten repräsentiert eine Phase der User Journey, also die Reise des Nutzers durch das Produkt.
2. User Storys gruppieren
Im nächsten Schritt werden den identifizierten Aktivitäten konkrete User Storys zugeordnet. Jede User Story beschreibt eine spezifische Aufgabe oder einen Anwendungsfall, den der Nutzer innerhalb einer Aktivität durchführen möchte. Beispielsweise könnte unter der Aktivität „Kurse durchsuchen“ eine User Story lauten: „Als Nutzer möchte ich Filteroptionen nutzen, um den passenden Kurs zu finden.“ Diese Storys werden entlang der Aktivitäten auf einer horizontalen Achse platziert und spiegeln so die Reihenfolge der User Journey wider.
3. Prioritäten setzen
Nun werden die User Storys vertikal nach ihrer Priorität angeordnet. Die wichtigsten, wertvollsten oder dringendsten User Storys stehen oben, während weniger dringliche Backlog-Einträge weiter unten platziert werden. Diese Priorisierung ermöglicht es dem Team, sich zunächst auf die Features zu konzentrieren, die für den Nutzer den größten Mehrwert bieten.
4. Iterationen und Releases definieren
Sobald die User Storys priorisiert sind, kann das Team in die Releaseplanung übergehen. Dabei werden horizontale Linien in der Story Map gezogen, um die User Stories in verschiedenen Releases zu organisieren. Diese Linien markieren den Punkt, an dem ein vollständiges und funktionsfähiges Produkt oder eine erste Version (Minimum Viable Product) bereitgestellt werden kann. Es ist wichtig, dass jedes Release einen echten Mehrwert für den Nutzer bietet.
5. Detaillierung und Verfeinerung
Im letzten Schritt wird der Detailgrad der User Storys verfeinert. Je näher ein Release rückt, desto detaillierter können die Storys beschrieben und in kleinere Aufgaben unterteilt werden. Dieser Prozess hilft dabei, unnötige Detailarbeit zu vermeiden, solange die Storys nicht kurz vor der Umsetzung stehen.
Durch diese nutzerzentrierte Vorgehensweise wird sichergestellt, dass das Produkt kontinuierlich auf die Bedürfnisse der Endkund:innen abgestimmt wird. Gleichzeitig bietet sie genug Flexibilität, um auf Änderungen und neue Anforderungen im Laufe der Entwicklung zu reagieren.
Vorteile der Releaseplanung mit User Story Mapping:
- Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Die Methode ermöglicht es, schnell auf Änderungen zu reagieren und das Produkt schrittweise zu verbessern.
- Fokus auf Benutzerbedürfnisse: User Story Mapping stellt sicher, dass die Entwicklung auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Nutzer ausgerichtet ist.
- Iterative Lieferung von Mehrwert: Durch die iterative Vorgehensweise können Teams kontinuierlich Mehrwert liefern und das Feedback direkt in die Entwicklung einfließen lassen.
- Übersichtlichkeit: das Gesamtprodukt wird übersichtlicher dargestellt
Nachteile der Releaseplanung mit User Story Mapping:
- Komplexität in der Koordination: Die fortlaufende Anpassung und Priorisierung kann zu einem erhöhten Koordinationsaufwand führen.
- Höhere Anforderungen an die Teamkommunikation: Agile Methoden erfordern eine ständige und klare Kommunikation im Team, um effektiv zu sein.
- Potenzial für fehlende Langzeitsicht: Die Fokussierung auf kurzfristige Iterationen kann dazu führen, dass langfristige Ziele aus dem Blick geraten.
Fazit
Beide Methoden haben ihre Vor- und Nachteile und die Wahl der richtigen Methode hängt von den spezifischen Projektanforderungen und der Teamdynamik ab. Während die Meilensteinplanung in stabilen Umgebungen mit klaren Zielen vorteilhaft ist, eignet sich die Releaseplanung mit User Story Mapping besser für dynamische Projekte, die Flexibilität und Nutzerzentrierung erfordern. Die Entscheidung für die passende Methode sollte auf einer fundierten Analyse der Projektanforderungen basieren.